Homöopathie

Hochgeschätzt auch in der zahnärztlichen Praxis

 

Immer mehr zahnärztliche Kolleginnen und Kollegen wissen die Homöopathie bei ihrer Arbeit zu schätzen. Sie erweist sich als wertvolle therapeutische Hilfe in allen zahnärztlichen Aufgabenbereichen. Diese Art, mit und für den Patienten zu arbeiten, schärft den Blick auch für schulmedizinische nebensächlich erscheinende Symptome, eröffnet dadurch vielfältigere, weil individuellere Therapiemöglichkeiten und schafft somit oft befriedigendere Therapieergebnisse (sowohl für den Patienten als auch für den Behandler).

 

In der zahnärztlichen Praxis gibt es zahlreiche bewährte Indikationen, die homöopathischen Arzneimittel einzusetzen.

Die zweifelsfrei unentbehrlichste Arznei in der zahnärztlichen Praxis ist Arnica (Bergwohlverleih). Als Mittel für „Folge von Trauma“ egal ab Stauchung, Quetschung, Bluterguss und andere Verletzungen, hat es viele Anwendungsgebiete.

 Es ist das erste Mittel bei allem, was mit Blutungen einhergeht. Das Augenfälligste ist die Zahnextraktion (Stauchung, Quetschung, Extraktionswunde, Blut, Bluterguss). Beim einfachen Extrahieren genügt die Potenzierungsstufe C 12. Eine einzige Gabe reicht meistens aus, den Gebrauch von Schmerzmitteln überflüssig zu machen. Außerdem verhilft es zu beschleunigter Wundheilung.

Schwierige Extraktionen, Osteotomien und andere kieferchirurgische Eingriffe mit größerem Traumatisierungsgrad benötigen C 30 evtl. C 200 mit und ohne Wiederholungsgaben.

Gleiches gilt für Mund- und Zahnverletzungen nach Unfällen.

Arnica C 12 hat sich auch sehr bewährt nach der Füllungstherapie. Das Schleifen im Zahn geht mit nicht geringer Traumatisierung der Pulpa (des Nervs) einher, trotz vorsichtigen Arbeitens und scharfen Instrumenten mit Wasserkühlung. Je tiefer die Karies, die excaviert werden muss, desto größer die Dentinwunde (die im Zahnbein freigelegten Kanäle mit den Nervausläufern). Zu der mechanischen Traumatisierung der Pulpa kommt oft auch noch eine chemische Traumatisierung durch das Füllungsmaterial hinzu (was in diesem Zusammenhang nicht besprochen werden soll). Auch hier hilft Arnica C 12 dem Gewebe, sich nach der Stauchung, Quetschung, Blutung (gut zu sehen beim offenen Nerv / Pulpa aperta) schneller zu regenerieren. Betrachtet man die Dentinwunde als Schürfwunde, so wird deutlich, warum auch Calendula (Ringelblume – Folge von Schürfwunden) oft das Mittel der Wahl ist.

 

Nicht funktionell arbeitende kieferorthopädische Geräte ( lose, aber besonders die „festen“ Klammern) verursachen schwere Stauchungen und Quetschungen im zahnumgebenden Knochen und gehen somit meistens mit starken Schmerzen einher. Wenn sich eine derartige Zahnregulierung nicht vermeiden lässt, kann man dem Kind/ Jugendlichen jedoch oft die Schmerzen mit Arnica erträglicher machen.

 

 Beschleunigte Wundheilung und drastische Senkung des Konsums allopathischer Schmerzmittel – selbst bei standartisierter Anwendung von Arnica - ist ein großer Vorteil für den Patienten wie auch für den Behandler, da weniger Nebenwirkungen und Wundheilungsstörungen behandelt werden müssen.

 

Reicht aber Arnica zur Vermeidung einer Wundheilungsstörung nicht aus, kommt es z.B. nach der Extraktion zu einer leeren Alveole, helfen hier in den meisten Fällen Symphytum (Beinwell) und Calendula (Ringelblume) in homöopathischer Potenz.

Gelangt man mit diesen bewährten Indikationen nicht ans Ziel, werden Arzt und Patient sich, wenn möglich, auf die Suche nach dem individuellen Konstitutionsmittel begeben (Anamnese und Repertorisation).

Auch Nachblutungen benötigen ein genaueres Hinsehen und Erfragen: Nicht immer muss die Wunde fest austamponiert werden, was die primäre Wundheilung behindert. Handelt es sich um helles Blut oder dunkles Blut? Besteht eine Sickerblutung? Auch hier wird der Patient von homöopathischer Mitbehandlung mit z.B. Phosphorus (Phosphor), Hamamelis (virginische Zaubernuss) und Millefolium (Schafgarbe) profitieren.

 

Hepar sulfuris calcareum (Kalkschwefelleber) gilt als bewährte Indikation bei Eiterungen, die mit hoher Berührungsempfindlichkeit und Frieren einhergehen: Ohne den Patienten mit den starken Nebenwirkungen allopathischer Antibiotika belasten zu müssen, schafft es Hepar sulfuris calcareum homöopathisch angewendet, den noch nicht reifen Abszess mit mehreren Gaben einer D 4 reifen zu lassen ,damit er inzidiert werden kann, zumindest aber die diffuse Schwellung zu konzentrieren, oder auch in einigen Gaben einer D 30 den beginnenden Abszess zur Resorption zu bringen, abhängig von seiner Reifung bei Therapiebeginn. Voraussetzung ist hierbei ein guter Kontakt zwischen Arzt und Patient, die sich nach den Arzneigaben in kurzen Abständen sprechen oder treffen müssen, um die Richtung der Entwicklung zu kontrollieren. Auch hier ist in der Regel keine zusätzliche Therapie mit Analgetika erforderlich.

 

Gingivitiden, Mundschleimhauterkrankungen, Aphten, Parodontose; Karies, Zahn- und Kieferfehlstellungen sind homöopathisch betrachtet sehr individuelle Erkrankungen und als solche nicht durch gängige Therapieschemata abzudecken. Hier eröffnet die Homöopathie die Möglichkeit zu sehr umfassender, individueller Behandlung. Der homöopathisch arbeitende Zahnarzt wird versuchen, mittels einer gründlichen klassischen homöopathischen Anamnese und deren Verarbeitung in Repertorisation und vergleichendem Materia Medica-Studium die für den Patienten passende, d.h. dem Kranksein ähnliche homöopathische Arznei zu finden, die dann in passender Potenzhöhe zur Therapie angewendet wird.

 

Auch die Behandlung von Zahnungsbeschwerden, Muskelschmerzen, Neuralgien, neuralgiformen Schmerzen, Angst, Knirschen ist durch homöopathische Arzneien prinzipiell gut möglich und bietet dem Patienten große Vorteile (vgl. Nebenwirkungen allopathischer Medikation). Natürlich ist immer eine sorgfältige und „schulmedizinische“ Diagnostik Voraussetzung für die zusätzliche klassische homöopathische Diagnostik und Therapie.

 

Die Homöopathie kann keine fällige zahnärztliche Therapie ersetzen:

Der kariöse Zahn muss gefüllt, der zerstörte und entzündete Zahn extrahiert werden, die Parodontitis muss evtl. auch chirurgisch behandelt werden. Die Homöopathie ersetzt auch keine regelmäßige und gründliche Zahnpflege und keine regelmäßige Vorsorge, sie ersetzt keine gesunde Ernährung und benötigt wie fast jede andere Therapie die Mitarbeit des Patienten.

Die homöopathische Anamnesetechnik und Verlaufsbeobachtung des Krankheitsfalles erlaubt dem homöopathisch weitergebildeten Zahnarzt besser einschätzen zu können, wann ein Patient womit behandelt werden darf oder nicht (z.B. Zahnschmerzen nach Arzneigabe im Rahmen einer Erstverschlimmerung ...abwarten, nicht den Zahn devitalisieren. Das könnte den Genesungsprozess unterbrechen).

 

Eine solide klassische homöopathische Ausbildung vermittelt Wissen, den Patienten in seiner Ganzheit wahrzunehmen und ihm in seiner Individualität bei seiner Behandlung und Therapie gerecht zu werden.

 

Claudia Hesse